Ák Maléas
09. Mai 2025
Nach dem Golf von Lyon und der Straße von Messina wartet eine weitere navigatorische Herausforderung auf uns. Wir liegen immer noch sehr gut im kostenfreien Hafen von Monemvasia. In den letzten Tagen haben wir immer wieder einen Blick auf die Wettervorhersage geworfen und am Mittwoch beschlossen: „Lass uns bis Freitag hier bleiben und dann den guten Nordost-Wind (4-5 Bft) nutzen um um das Kap Malea herumzufahren.“
Eigentlich perfekter Segelwind, um mit raumem Wind zu segeln, wäre da nicht das Kap. Beim Wettercheck am Donnerstag entscheiden wir uns doch, Monemvasia bereits am Nachmittag mit dem leichten Westwind zu verlassen, um uns in eine strategisch gute Ausgangsposition für das Kap Malea zu bringen denn, das Kap ist unter Seeleuten berüchtigt, schon manches Segelschiff musste weit in den Süden vor dem Sturm ablaufen.
Am schlimmsten traf es Odysseus: An genau dieser Stelle begann die zehnjährige Odyssee durch das westliche Mittelmeer, dessen östliche Wettergrenze das Kap markiert. Statt nach Pylos zu kommen und von dort mit einem kurzen Schlag nach Ithaka, wurde er 650 Meilen bis nach Djerba, dem heutigen Tunesien, abgetrieben.
Unser Revierführer, der Greek Water Pilots von Rod und Lucinda Heikell, schreibt folgendes:
Ák Maléas hat einen etwas furchteinflößenden Ruf – und manchmal ist er auch gerechtfertigt. Zu anderen Zeiten kann man bei völliger Flaute gemütlich um das Kap motoren. Wenn man aus Westen kommt, suchen die meisten Yachten bei starkem Gegenwind Schutz in der Ormos Sarakiniko oder in der Nähe, um auf nachlassenden Wind zu warten. Im Sommer kann sich hier oft eine ganze Ansammlung von Yachten stauen, die auf den richtigen Moment zur Weiterfahrt warten. Das Problem ist, dass der Wind bei Elafónisos nicht immer ein verlässlicher Indikator für die Verhältnisse am Kap Maléas ist. Ich bin schon bei leicht gerefftem Großsegel und einem winzigen Vorsegel von hier losgefahren – unter neugierigen Blicken der anderen Yachten – und musste dann um das Kap und bis Monemvasía motoren. Ich bin aber auch schon losgefahren und nach Elafónisos zurückgekehrt, nachdem ich nahe dem Kap von 40-Knoten-Böen durchgeschüttelt wurde. Es gibt im Sommer keine verlässliche Methode, um die Windverhältnisse rund um das Kap vorherzusagen – man muss sich auf sein Gespür verlassen und die Situation so gut wie möglich einschätzen.
Im Frühling und Herbst bringen Tiefdruckgebiete in der Nähe von Maléas starke Winde und kabbelige See mit sich. Es ist schlichtweg ein windiger Ort, wenn Tiefs in der Nähe sind – und wenn man sich unsicher ist, sollte man besser einen sicheren Unterschlupf suchen.
Auch wenn das kein großer Trost ist, kann ich dir versichern: Nachdem ich bei einem Wintersturm auf dem Weg vom Saronischen Golf ins Ionische Meer hier vorbeigerast bin, habe ich gelernt, diesen Ort mit Respekt zu behandeln. Und vergiss nicht, den Mönchen in der Einsiedelei zu winken, die über die großen und kleinen Schiffe wachen, die diesen einsamen Ort passieren.
Ja, da darf man schon ein bisschen gespannt sein, was einen dort erwartet. Auch von zerrissenen Segeln haben wir gelesen. Das wollen wir uns und unseren altersschwachen Tüchern nicht antun. Darüber hinaus ist die Straße von Elafonisos eines der meistbefahrenen Seegebiete der Welt. Der Verkehr zwischen dem westlichen Mittelmeer und dem östlichen Mittel- und Schwarzen Meer zwängt sich hier durch die knapp 5 sm breite Durchfahrt zwischen Elafonisos und Kythira.
Leider setzt der für Donnerstagnachmittag vorhergesagte Westwind nicht ein – und wir hatten keine Lust, die 12 Seemeilen bis zu unserem strategisch günstigen Ausgangspunkt zu motoren. Also bleiben wir doch noch eine Nacht in Monemvasia. Der für Freitag vorhergesagte Nordostwind nördlich des Kaps wird nun mit 3–4 Bft angegeben – etwas weniger als zuvor. Wird schon passen.
Am Freitagmorgen legen wir 10 Uhr als Abfahrtszeit fest, da ab dann etwas Wind einsetzen soll. Der Plan: Mit diesem Wind bis zum Kap segeln, dann etwas reffen und ums Kap segeln. Die Realität sieht anders aus. Bis zum Leuchtturm am Kap müssen wir ganze drei Stunden motoren – 8 Knoten Wind sind einfach zu wenig.
Doch dann, am Kap, schlägt plötzlich unser Windalarm an (wir haben ihn auf 10 Knoten eingestellt). Wir setzen zunächst nur die Genua. Eine gute Entscheidung, denn eine gute Viertelstunde später müssen wir bereits reffen – und rasen mit 8 Knoten Fahrt, 35 Knoten Wind mit zweifach gereffter Genua ums Kap. Genau eine Stunde dauert der Spuk, dann schläft der Wind wieder ein, und der Motor übernimmt erneut. Sehr beeindruckend – und wir sind froh, vorbereitet gewesen zu sein.
Mit der Umrundung von Kap Malea haben wir die Ägäis verlassen und sind nun offiziell im Ionischen Meer angekommen. So fällt unser Anker wenig später in einer etwa eine Seemeile breiten Bucht mit feinstem Sand auf Elafonisos. Wir sind im Ionischen – dort, wo laut Helena von der SY Nirvana immer türkisblaues Wasser ist.
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