Abwettern in Boufalo

10. September 2023

Am Montagmittag, kurz nachdem der pinke Bus die Bucht verlassen hat, schlägt das Wetter um. Wir überlegen zunächst wieder Richtung Süden zu segeln und uns in die Olympic Marina zu legen, entscheiden uns dann aber doch dafür hier in Boufalo abzuwettern. Die Bucht ist gut geschützt und auch bei starkem Wind hat es hier durch die Sandbank im Süden nahezu keine Welle. Es gibt drei Tavernen und täglich kommt das Bäcker-Auto und der Obstmann vorbei, wir sind also gut versorgt.

Am Montagabend wird es voll und dadurch eng. Rund 10 Schiffe liegen in der Bucht. Diese Nacht wird anstrengend. Der Wind dreht unerwartet auf Südwest und starke Böen fegen durch die Bucht. Da wir mit Wind aus dieser Richtung nicht gerechnet hatten, wir ziemlich nahe an einem benachbarten Katamaran liegen und die Lage in der Bucht generell etwas unübersichtlich ist, beschließen wir Ankerwache zu gehen.

Tobi übernimmt die erste Schicht von 22:00 Uhr bis 02:00 Uhr und in der ist auch gleich einiges los. Bei mehreren Booten hält der Anker nicht. Beispielsweise bei einer Hanse, die dann seitlich auf ein anderes Boot getrieben wird. Zu Glück reagieren beide Crews ziemlich schnell und können mit Hilfe von Fendern größere Schäden vermeiden. Etwas später herrscht Aufruhr bei einer Motoryacht die nur etwa 50 Meter von uns entfernt mit Anker und Landleine festgemacht ist. Was genau da schief gelaufen ist kann Tobi nicht sagen. Das Ende vom Lied ist, dass sie beinahe in unsere Ankerkette gefahren wären und dabei ihre Landleine und ihr Beiboot verloren haben, das jetzt in der Bucht treibt. Als ich um kurz vor 02:00 Uhr aus der Koje gekrochen komme, steht Tobi blass und mit Schrecken im Gesicht an Deck und sagt nur „Scheiße, das war jetzt knapp“.

Auch wenn ich jetzt übernehme, ist für Tobi an Schlaf erstmal nicht zu denken. Also koche ich mir einen Tee und Tobi macht sich eine Packung Beruhigungs-Chips mit BBQ-Geschmack auf. Er berichtet mir gerade davon, was so los war während ich geschlafen habe, als ich in einer Windpause ein leises Klonk vernehme. Wir beide schauen uns an und ein schneller Blick nach draußen verrät mir, dass wir gerade mit unserem Dinghi, das am Geräteträger aufgehängt ist, sanft gegen den Katamaran hinter uns gedozt sind.

Wie kann das sein? Es ist in diesem Moment kein Wind. Egal, Tobi macht den Motor an und ich gehe an den Bug um das zu tun was wir eigentlich schon gestern Abend hätten machen sollen – nämlich Kette aufholen. Blöderweise habe ich im Eifer des Gefechts meine Stirnlampe vergessen. Im Dunkeln krame ich die Fernbedienung aus dem Ankerkasten und hole Kette auf. Plötzlich tut sich nichts mehr. Die Ankerwinsch streikt und als ich mir die Winsch genauer anschaue trifft mich fast der Schlag.

OH FUCK – Ich habe das Kabel der Fernbedienung mit der Kette in die Winsch gewickelt und jetzt geht natürlich gar nichts mehr. Ich eile zurück um meine Lampe zu holen und sage auf dem Weg nach unten Tobi Bescheid, der gar nicht so genau versteht was ich meine.

Wenig später stehen wir beide, mit Stirn- und Taschenlampe bewaffnet, am Bug und bauen unsere Ankerwinsch auseinander. Nach einer Stunde haben wir das Kabel entwirrt, selbiges geflickt und die Winsch funktioniert wieder.

Es ist mittlerweile 4:00 Uhr morgens. Ich schicke Tobi ins Bett und um mich wach zu halten, schnappe ich mir meinen Laptop um einen Blogeintrag über die vergangenen Tage zu verfassen.

Dienstag bis Donnerstag ziehen regelmäßig starke Gewitter östlich und westlich an uns vorbei und so bekommen wir ordentlich Regen ab. Eleanor bekommt eine ausgiebige Süßwasserdusche und wir eine kostenlose Dichtigkeitsprüfung. Neben der uns bereits bekannten undichten Lufthutze im Salon, stellen wir fest, dass über die Ankerwinsch Wasser in die Vorschiffskoje / unser Schlafzimmer tropft. Nicht viel, aber doch genug um unsere Matratze nass zu machen. Wir schaffen Abhilfe indem wir unsere Tupperware-Brotbox über die Winsch legen und siehe da, beim nächsten Schauer ist alles trocken.

Seit Donnerstagmittag ist es auch von oben wieder trocken, dafür bekommen wir jetzt noch 4-5 Tage ordentlich Meltemi (Lokaler Wind aus Norden) ab. Bis zu 33 Knoten messen wir in unserer doch recht geschützten Bucht. Vor allem nachts kann das sehr anstrengend sein, wenn Böen über das Schiff hinwegfegen und regelmäßig der Anker einruckt. Aber alles in allem dürfen wir uns nicht beschweren, verglichen mit dem was in der Region um Volos los ist, haben wir es hier bisher doch recht gemütlich.

Einziger Wehmutstropfen für uns ist, dass wir Mittwochvormittag merken, dass unser Kühlschrank den Betrieb eingestellt hat. Zum Glück hatten wir den Großteil unserer Vorräte bereits aufgebraucht und so müssen wir „nur“ einige Packungen Käse und Frischkäse verwerten. Für uns heißt das, es wird jetzt einfach alles mit Frischkäse abgeschmeckt und doppelt mit Käse überbacken. Auch nicht schlecht! 🙂

4 Kommentare
  1. Martin
    Martin sagte:

    Moin,
    da habe ich ja Glück gehabt, denn die Boufalo wollte ich Euch eigentlich empfehlen…. Kenne diese Bucht nur von ihrer besten Seite, allerdings allein und im November. Da gab es dort lediglich einen Dauerlieger der dort wohl über den Winter blieb. Gut, dass ich nix gesagt habe 😉 Zur Ankerwinde: Derjenige, der diese bescheuerten Spiralkabel erfunden hat, der müsste eigentlich lebenslänglich mit zusätzlicher Sicherheitsverwahrung bekommen. Unser Tip, Fernbedienung! Das Spiraldingen haben wir, für den Notfall auch och im Schapp, aber nie mehr benutzt. Kostet nix, arbeitet super.

    https://www.bootsbedarf-nord.de/Anker-und-Zubehoer/Ankerwindenzubehoer/Fernbedienung-fuer-elektrische-Ankerwinden/Drahtlose-Fernbedienung/Fernbedienung-Quick/Ankerwinden-Quick-Funkfernsteuerungssender-Fernbedienung-Pocket-Anzahl-Relais-2::11770.html

    Ist aber auch das einzige Teil, welches ich von Quick kaufen würde, habe sonst nur immer Ärger mit deren Produkten gehabt.

    Beim Kühlschrank tippe ich, wenn es nicht das Kühlmittel ist, auf den Controller des Thermostaten:

    https://mobilekuehlung.com/Steuerelektronik-zu-Secop/Danfoss-Kompressor-BD35F-und-BD50F

    Jetzt kenne ich natürlich Deinen Kühlschrank nicht, doch irgendwo müsste eigentlich jeder Kühlkompressor so ein Ding als Steuereinheit haben. Das Kühlmittel ist ja ein geschlossnes System, sollte zumindest… Klar kann sich da über Jahre eine Überwurfmutter o.ä. gelockert haben, aber die müsste man ja erstmal finden. Fazit: Kühlmittelmangel wäre die günstigste Lösung, vermutlich aber eine Baustelle. Hast Du einen Kühlschrankfritzen gefunden? Ansonsten sollte wäre für mich die Allimos Marina in Athen der beste Anlaufpunkt. Da sitzen alle Fachbetriebe. Nur, Ihr seid jetzt gerade in der Boufalo….
    Was immer geht, nachmittags in den Supermarket, 3 Wasserflaschen in der Gefriertruhe unter den Erbsen und dem Spinat verstecken und am nächsten Vormittag abholen. Oder gleich ein Sixpack. 12-14 Stunden Tiefkühlung reichen für 2 Tage Kühlschrank. Oft gibt es auch bereits gefrorene Wasserflaschen zu kaufen. Dann haben die das Geschäftsmodell erkannt und nehmen einen € je Flasche.
    Viel Erfolg und zum Glück ist Meltemizeit bald vorbei…

    Gruß
    Helena & Martin

    Antworten
  2. Micha
    Micha sagte:

    Hi Martin,

    Ja, dieses Spiral Kabel ist echt ein Mist! Bis zum Winterlager muss es jetzt noch durchhalten und dann brauchen wir auch eine Funk-Fernbedienung. Danke für den Tip!

    Bezüglich Kühlschrank können wir auch Erfolg vermelden! Gestern waren die Techniker da. War wohl ein kleiner Infarkt 😉 Irgendwelche Leitungen waren dicht, und es war zu wenig Kühlmittel im System. Aber, Reanimation geglückt, jetzt tut er wieder! 👍

    Übrigens, Piccolina ist mittlerweile in Sardinien angekommen. Die Chancen stehen also gut, dass wir uns alle nächstes Jahr im Ionischen treffen. ☺️

    Viele Grüße auch an Helena!
    M&T

    Antworten
  3. Steffi
    Steffi sagte:

    Hallo liebe Nirvana und liebe Eleanor-Crew,
    da habt ihr ganz richtig gesehen, wir sind mittlerweile in italienischen Gewässern unterwegs. Bis jetzt hatten wir nur einen Mistral abzuwettern und seither ist das Wetter traumhaft. Wenig Wind und Welle, der Seewind reicht gerade so zum Segeln und wir zuckeln ganz gemütlich die Westküste von Sardinien runter. Ein Traum! Hatten schon die ein oder andere Ankerbucht nur für uns alleine.
    Wir werden wahrscheinlich noch ein Weilchen brauchen hier in Sardinien – die Ostküste wartet ja auch noch, aber wir hoffen über den Winter etwas aufzuholen.
    Handbreit & Fair Winds
    Rolf und Seffi

    Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Glücklicherweise ist beinahe Vollmond und die Sicht ist gut. So finden wir problemlos in die ca. 4 sm nordöstlich vom Kap Sounion gelegene Bucht von Pasalimani, die wir bereits letztes Jahr mehrmals als Zufluchtsort vor ungünstigem Wind genutzt hatten. Der Anker fällt um 03:45 Uhr uns wir gönnen uns noch ein paar Stunden Schlaf, vor wir uns dann gegen 08:30 Uhr auf den Weg Richtung Norden machen. 50 sm und 8,5 Stunden später erreichen wir die Bucht von Boufalo. Auch ein Ort, den wir aus dem letzten Jahr schon bestens kennen. Hier haben wir uns mit Simon und Babsi mit ihrem pinken Bus getroffen (Besuch, und nochmal – Besuch! 😍) und auch die schweren Unwetter im vergangenen Herbst abgewettert (Abwettern in Boufalo). […]

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